4.2 Unterrichtsplanung
- Thema der Unterrichtsreihe: #digitallife
- Thema der Einheit: #keinfilter – Träume und Schäume in sozialen Netzwerken
- Die Unterrichtseinheit im Gesamtgefüge aller Einheiten der Unterrichtssequenz
Modul #keinfilter #ichhassedich #bewegteballaden #gamebasedlearning #gemeinsamlesen
Da die Module nicht aufeinander aufbauen, können sie in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden. Aus diesem Grunde ist es der Lehrperson überlassen, ob sie mit dem Modul #keinfilter anfängt oder es zu einem späteren Zeitpunkt einsetzt.
- Lerngruppe: 6C und 6G – cours de base und cours avancé.
- Raum: Präsentationsmöglichkeit in Form eines Beamers, wahlweise steuerbar über einen Klassencomputer oder iPad.
- Zeit: eine Doppelstunden + eine Einzelstunde.
Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren befinden sie sich am Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter. Diese Entwicklungsphase geht mit vielfältigen biologischen Reifungsschritten einher, die von einer Reihe psychosozialer Veränderungen begleitet werden. Die Auseinandersetzung mit dem sich verändernden Körperbild und damit einhergehend die Inszenierung der eigenen Person – kurz: die Herausbildung und Festigung der eigenen Identität – gelten als die zentralen Herausforderungen während der Phase der Adoleszenz. Dadurch entstehen Wandlungen im subjektiven Erleben, die eine normative Neuorientierung fordern (vgl. Lohhaus / Vierhaus 2015: 190 ff. sowie 247 ff.). Dabei orientieren sich Jugendliche meist an der Norm dessen, was sozial akzeptiert und nachahmenswert erscheint. Dies ist absolut kein neues Phänomen des digitalen Zeitalters, jedoch ist die Inszenierung der eigenen Person (Körperbild und Charakter) in sozialen Medien leichter als zuvor im analogen Zeitalter. Einerseits sehen Jugendliche durch die Anzahl der Likes auf Fotos von Stars, Influencern und Peers, welche Körperideale der sozialen Norm entsprechen und erhalten andererseits unmittelbares Feedback aus der Community zu ihren eigenen Fotos.
Gleichzeitig ist der Alltag der Jugendlichen geprägt von einer Omnipräsenz medialer Darstellungen auf Social-Media-Plattformen. So zeigt die JIM-Studie 2019, dass 93 Prozent der Jugendlichen mindestens mehrmals pro Woche (86 % täglich) WhatsApp nutzen und 64 Prozent regelmäßig (52 % täglich) Instagram gebrauchen (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2020). Besonderes Kennzeichen von Instagram sind Filter, mit denen die User ihre Fotos und Videos bearbeiten können, bevor sie diese veröffentlichen. Fotos der Influencer sind keine zufälligen Schnappschüsse, sondern bis ins kleinste Detail inszeniert. Durch eine selektive Bildauswahl und die häufig sehr stark bearbeiteten veröffentlichten Fotos entsteht der Eindruck absoluter Makellosigkeit der Vorbilder. Daher ist eine Bewusstmachung dieser unrealistischen Körperinszenierungen essenziell, um dem Risiko vorzubeugen, den eigenen Körper und die eigene Person als mangelhaft zu empfinden.
Vorwissen
Die Personenbeschreibung sollte bereits im Unterricht behandelt worden sein, da dies für manche Lernschritte vorteilhaft sein kann.
Grundlagen
Auszüge aus den Rahmenlehrplänen der Klassenstufe:
Vorbemerkung: Die Lernziele von 6C und 6G sind identisch, allerdings erhalten die Schüler des enseignement général stärkere Unterstützung in dem Erreichen dieser Ziele.
Die Schüler einer 6ème des luxemburgischen Schulsystems befinden sich im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren und demnach in dem in der Sachanalyse erwähnten Übergang zwischen Kindheit und Erwachsensein. Dies bedingt eine besondere Verletzlichkeit und Beeinflussbarkeit in Bezug auf Selbst- und Fremdwahrnehmung. In diesem Kontext spielen soziale Netzwerke und Influencer für die Schüler eine immer größere und wichtigere Rolle. Über ihre Profile beeinflussen sie Denkstrukturen und Wertevorstellungen der Jugendlichen, die diese teilweise vollkommen unkritisch aufnehmen und zu ihren eigenen machen.
Gleichzeitig sind die sozialen Medien für die SuS inzwischen überaus leicht zugänglich und dementsprechend allgegenwärtig. Die in diesen Medien stattfindenden Manipulationen als solche zu erkennen und aufzubrechen, um sich eine eigene reflektierte Meinung zu bilden, ist von enormer Wichtigkeit.
Die Rollenübernahme der Schüler ist das Ergebnis ihrer Suche nach psychosozialen Handlungsanleitungen und Idealen. Im Sinne einer erweiterten sozialen Identität ist aber auch die Übernahme alternativer sozialer Rollen notwendig, wobei den SuS die kritische Auseinandersetzung mit den angebotenen Rollenidealen helfen kann.
Die in der Sachanalyse dargestellte Beeinflussung und Rollennormierung der Schüler lässt sich ihnen am leichtesten bewusst machen, indem sie sich anhand konkreter Beispiele mit dem Thema „Selbstdarstellung“ im Internet auseinandersetzen. Hierfür können luxemburgische Influencer und deren Instagramaccounts dienen, die den Schülern wahrscheinlich geläufig sind. Dabei erwerben die SuS neue Kenntnisse bezüglich Realität und inszenierter Realität mit Blick auf gepostete Fotos auf Instagram, wobei immer ihre eigene Lebenswirklichkeit im Mittelpunkt steht. Aus diesem Grunde wird darauf verzichtet, die Thematik in einem größeren gesellschaftlichen Kontext zu behandeln. Dies mag in einer späteren Jahrgangsstufe geschehen, wobei hier allerdings bereits die Grundlagen für eine solch kritische Auseinandersetzung gelegt werden.
Die erfolgende Reflexion dieses sozialen Phänomens ermöglicht den SuS eine Orientierung im Umgang mit und der Bewertung von Einträgen in sozialen Medien in Bezug auf ihre eigene Lebenswelt. Gleichzeitig hilft es ihnen, die Bedeutsamkeit sozialer Medien in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld einzuschätzen und Verantwortung für sich und das eigene Handeln zu übernehmen.
Phase 0 – Flipped classroom: Sozialform und Methode: gelenkte Einzelarbeit
Betrachtung von unbearbeiteten und bearbeiteten Influencerfotos und Sammeln von passenden Adjektiven zum jeweiligen Influencer
Einstieg – Sozialform: Unterrichtsgespräch; Methode: Videoimpuls
Erarbeitung I – Sozialform: Unterrichtsgespräch; Methode: Wortwolken
Ergebnissicherung zu Phase 0 – Sammlung von Adjektiven zur Personenbeschreibung
• Klassifizierung in:
– Gesamterscheinung – Wirkung
– Figur
– Gesicht
• Abschließende Gesamtbeurteilung der unterschiedlichen Darstellungen durch die Klasse
Erarbeitung II – Sozialform: Gruppenarbeit;
Methode: gelenktes Think-Pair-Share
Analyse der unbearbeiteten und bearbeiteten Profilfotos
• Welche Bildoptimierung (Figur, Haut, Haare, Augen, Nase, Wangen, Lippen, Zähne, Farbgebung, Perspektive, Bildausschnitt, zusätzliche Effekte) setzt der Influencer ein, um sich auf dem be arbeiteten Foto besser darzustellen?
– Wie muss ein Foto gestaltet werden?
> Was wird weggelassen?
> Was wird hinzugefügt?
> Welche Stimmung wird erzeugt?
> Welchen Schönheitskriterien wird entsprochen?
• Welche Wirkung hat dies auf den Betrachter?
– Bewunderung?
– Druck, einer angeblichen Norm zu entsprechen?
• Worin liegt die Absicht des Influencers?
– Selbstdarstellung?
– Möglichst viele Klicks generieren/Abonnenten gewinnen
> Geld verdienen über Werbung?
Sicherung – Sozialform und Methode: Fragend-entwickelndes Unterrichtsgespräch:
Ergebnissicherung zu Erarbeitung II mit Elementen für ein ideales Influencerfoto
Erarbeitung III – Sozialform und Methode: gelenkte Gruppenarbeit – Wettbewerb
Erstellen eines idealisierten Influencerfotos anhand der vorher festgestellten Bildoptimierungsstrategien
Sicherung – Sozialform: Unterrichtsgespräch; Methode: Live-voting-App
Ermittlung des Gewinners
Vertiefung – Sozialform: Unterrichtsgespräch; Methode: Diskussion
Was macht das Gewinnerfoto zum Gewinnerfoto?
• Kritische Auseinandersetzung und Reflexion über die Manipulationsmechanismen, die ein-
gesetzt werden müssen, um ein Foto zu produzieren, das die Community ‚überzeugt‘.
> Inwiefern ist das problematisch?
> Was geht verloren?
Mögliche Anknüpfungspunkte für vertiefende Diskussion
– Gegenüberstellung von kreierter Identität versus gelebter Wirklichkeit
– Ein Teil der Wirkung liegt im Medium selbst und seiner Reichweite, Zugänglichkeit/
Einfachheit der Handhabung, unmittelbares Feedback
Phase 0
Classique/Avancé: Die Schüler erstellen selbst eine Liste mit treffenden Adjektiven zu den ihnen vorliegenden Influencerfotos.
Base: Die Schüler erhalten eine Liste mit möglichen Adjektiven und suchen sich diejenigen aus, die ihrer Meinung nach am besten passen.
Erarbeitung II:
Classique/Avancé: offene Fragestellung – die Schüler beantworten die Fragen ohne weitere Hilfestellung in einem Fließtext.
Base: halbgeschlossene Fragestellung – die Schüler erhalten Antwortmöglichkeiten zur Auswahl und beantworten die Fragen stichwortartig.
Erarbeitung III – Sozialform und Methode: gelenkte Gruppenarbeit – Wettbewerb
• Erstellen eines idealisierten Influencerfotos anhand der vorher festgestellten Bildoptimierungsmittel
Classique/Avancé: Die Schüler präsentieren zusätzlich zu ihrem Foto ihre Vorgehensweise in einer Selbstreflexion vor der Klasse.
• Übergeordnete Medienkritik:
– Selektive Darstellung der Realität
> Filter,Verzerrung,Manipulation
- Luxemburgspezifisch: Instagram und andere soziale Netzwerke sind ein länderübergreifendes Phänomen, mit dem sich die luxemburgischen Schüler, gerade in diesem Alter, konfrontiert sehen. Vgl. Sachanalyse unter 03.
- Digitale Komponente: Die SuS erstellen und bearbeiten ein Porträtfoto mit digitalen Mitteln. Darüber hinaus setzen sie sich mit der Wirkung der Digitalität in ihrem Alltag auseinander.
- Interaktiv: Die Interaktivität wird über die unterschiedlichen, im Präsenzunterricht eingesetzten Sozialformen gewährleistet.
- Differenzierend: Es stehen Aufgaben in den jeweiligen Niveaustufen zur Verfügung, die die unterschiedlichen Leistungsniveaus der SuS sowohl von der Komplexität der Aufgabenstellung her als auch der geleisteten Hilfestellung berücksichtigen.
- Faire Leistungsbewertung von alternativen Lernprodukten: Siehe Lernprodukt und Evaluation im Booklet unter 4.4 und 4.5.
- Medienkompetenzrahmen: Vgl. die angestrebten Ziele des Medienkompetenzrahmens unter 4.
- 4K: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität, Kritisches Denken.
Literatur
Lohaus, Arnold/Vierhaus, Marc (2015): Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters. Berlin/Heidelberg.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.) (2020): JIM-Studie 2019. Jugend, Information, Medien Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart. https://pitt.lu/ext/medienumgang.