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Pupils vs machine

5#Pupils vs machine

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PITT

5.2 Unterrichtsplanung

01
Thema der Einheit im Gesamtgefüge der Achsen

Da die Module nicht aufeinander aufbauen, kann das Modul #Pupils vs Machine eingesetzt werden, ohne dass die anderen Module behandelt wurden.

Dieses Modul wurde inspiriert durch Le jeu de Nim pour comprendre l’apprentissage par renforcement der Brüssler Scientotèque sowie durch „Quand une machine apprend à jouer au jeu de Nim von Marie Duflot-Kremer (Université de Lorraine).

Das Spiel findet ebenfalls als Impuls zur Unterrichtsgestaltung Erwähnung im aktualisierten Medienkompass. 

02
Bedingungsanalyse
  1. Lerngruppe: 7e–5e
  2. Raum: normaler Schulraum
  3. Ausstattung:
    pro Gruppe:

    • 8 nummerierte Becher (von 1 bis 8)

    • 8 Stifte

    • 8 Jetons oder Kugeln, die mit einer 1 nummeriert sind 

    • 7 Jetons oder Kugeln, die mit einer 2 nummeriert sind

    • 6 Jetons oder Kugeln, die mit einer 3 nummeriert sind

  4. Zeit: eine Unterrichtsstunde
03
Sachanalyse

Künstliche Intelligenz umgibt uns mittlerweile in vielen Bereichen unseres Alltags: von selbstfahrenden Autos über Roboter bis hin zu Streaming-Plattformen, die uns neue Filme, Serien oder Musik empfehlen (du Sautoy, 2019). Obwohl allgegenwärtig, macht künstliche Intelligenz uns dennoch oft Angst: Wir tendieren dazu, Maschinen und Roboter zu personalisieren und uns als weniger intelligent zu fühlen als Computer (Alexandre et al., 2021). Eine Befragung des Luxembourg Institute of Socio-Economic Research der Universität Luxemburg hat ergeben, dass zwar ein Großteil der luxemburgischen Bevölkerung der Meinung ist, dass KI uns Aufgaben des alltäglichen Lebens erleichtert (70 %) und repetitive Aufgaben in der Arbeitswelt abschaffen wird (64 %) – aber 64 % finden auch, dass man KI nicht vertrauen kann. Mehr als die Hälfte finden die Nutzung von KI nicht transparent und wissen nicht genau, wo und wann KI überhaupt angewandt wird (Poussing, 2021).

Nicht alle diese Befürchtungen sind völlig irrational. Die Mathematikerin Cathy O’Neil beschreibt in ihrem Buch „Weapons of Math Destruction“ etliche Beispiele von negativen Konsequenzen von KI-Algorithmen (O’Neil, 2016). Auch im Artikel „Why it is best not to let the computer decide” werden mögliche Gefahren von KI-Algorithmen beschrieben: zum Beispiel Algorithmen, die Hausarbeiten von Studierenden automatisch benoten, ohne dass man richtig versteht, wie die Note entstanden ist. 

Um aber wirkliche Gefahren von irrationalen Ängsten zu trennen, ist ein aufgeklärter Zugang über kritisches Verstehen angebracht, wie Alexandre et al. (2021) erörtern. Jean-Gabriel Ganascia formuliert es so: „Die Welt verändert sich, und man kann sich nicht auf alten Gewissheiten ausruhen. Dennoch sollte man keine Angst haben. Es gibt sehr positive Aspekte, aber auch unbestreitbare Risiken. Die Technologien werden uns das Beste geben, wenn wir die Risiken vorhersehen können.“1

Daher ist es wichtig, früh mit einer solchen Aufklärung anzufangen. Dieses Modul soll keinen Kurs über KI ersetzen und vermittelt auch nicht die technischen oder mathematischen Funktionsweisen, die hinter einer KI stehen, sondern es vermittelt den SuS ein Gefühl für das Funktionieren derselben. Die Aktivität soll den SuS zeigen, dass eine KI zwar in der Lage ist, eine Gewinnstrategie für ein Spiel zu finden, aber deshalb ist sie uns Menschen nicht direkt überlegen. 

1 Faut-il redouter l‘intelligence artificielle? https://uclouvain.be/fr/decouvrir/louvains/faut-il-redouter-l-intelligence-artificielle.html

04
Didaktische Analyse
a. Angestrebte Lernziele und Kompetenzen

Die SuS verstehen und reflektieren, wie ein KI-System Informationen verarbeitet und so eine Gewinnstrategie entwickelt. 

Die SuS definieren „Intelligenz” und verstehen den Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz.

Lernziele aus dem Medienkompass1

  • MK1 – Informationen und Daten: 1.2 Daten, Informationen und digitale Inhalte analysieren und bewerten
  • MK2 – Kommunikation und Zusammenarbeit: 2.1 Mit anderen zusammenarbeiten


1 https://www.edumedia.lu/medienkompass/medienkompass/

b. Didaktische Relevanz und Begründung

Wie bereits in der Sachanalyse dargestellt, ist künstliche Intelligenz ein allgegenwärtiges Thema. Umso wichtiger ist es, über dieses Thema aufzuklären und ein Basiswissen über Hintergründe und Funktionsweisen derselben zu vermitteln. 

c. Didaktische Reduktion

Es geht bei diesem Modul nicht darum, die technische und/oder mathematische Funktionsweise von künstlicher Intelligenz zu verstehen, sondern vielmehr darum, dass die SuS sich bewusst werden, wie ein KI-System „Schlüsse zieht” und „Entscheidungen trifft”. Es geht darum, die KI zu entpersonifizieren und den SuS vor Augen zu führen, dass ein KI-System einem Algorithmus folgt und nicht selbst Schlüsse zieht. Nur so werden die SuS dazu befähigt, KI nicht mehr als eine Blackbox zu betrachten, bei der man das Funktionsprinzip unmöglich verstehen kann.

Da die SuS selbst während des Spiels die Rolle der KI übernehmen und nur dem Algorithmus folgen, wird das Gesagte besonders deutlich. Um diesen spezifischen Aspekt zu konturieren, wurde das Modul auch als analoges Modul bzw. als „Computer Science unplugged“-Aktivität konzipiert. Auf diese Weise werden die SuS nicht von Bildschirmen, Codes und anderem abgelenkt und können sich auf die Funktionsweise konzentrieren. 

Das Modul endet mit einer Diskussion über den Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz. Der Begriff “künstliche Intelligenz” ist in gewisser Hinsicht schlecht gewählt, da viele sich direkt einen übermächtigen intelligenten Roboter, wie man ihn aus den Sciencefiction-Filmen kennt, darunter vorstellen. Daher ist es wichtig, dass die SuS am Ende der Einheit wissen, was künstliche Intelligenz bedeutet und wie sie sich von menschlicher Intelligenz (noch?) unterscheidet. 

05
Methodische Analyse

Vorstellung der Spielregeln

Der Einstieg erfolgt über die Vorstellung des Nim-Spiels. Dann werden die Regeln erklärt: Diese finden sich unter 5.3 M1. 

Es gibt viele verschieden Varianten für das Nim-Spiel: die Zahl der Stifte variiert, der*die Spieler*in, welche*r als letzter einen oder mehrere Stifte wegnimmt, hat gewonnen oder verloren. Das Spiel kann etwas komplizierter gemacht werden, indem man die Stifte pyramidenförmig anordnet und man immer nur Stifte aus derselben Reihe wegnehmen darf. Für dieses Modul haben wir die einfachere Variante gewählt mit wenigen Stiften.

Die Schüler*innen teilen sich in Zweiergruppen auf und spielen ein paar Runden, um sich mit dem Spiel vertraut zu machen.

Schüler*innen gegen Maschine

In der zweiten Phase wird die Klasse in Gruppen von 4 Schüler*innen aufgeteilt. In jeder Gruppe übernimmt  eine Schülerin/ein Schüler die Rolle der Maschine. Die Regeln sind jetzt wie folgt:

Die Schüler*innen spielen zusammen gegen die Maschine und versuchen sie zu besiegen. Die Schüler*innen fangen jedes Mal an und befolgen die Regeln des Spiels.

Die Maschine folgt den Anleitungen unter 5.3 M2. Es wird gespielt, bis die Maschine nur noch eine Spielmöglichkeit hat. Die Maschine müsste dann folgende Position erreicht haben:

Becher Jetons
1 1
2 2
3 3
4 umgedreht
5 1
6 2
7 3
8 1, 2, 3

Am Anfang wird die Maschine verlieren, mit der Zeit aber besser werden. Wenn die Maschine als zweiter Spieler spielt, wird sie nach endlich vielen Partien (sie kann maximal so oft verlieren, wie Jetons in den Bechern sind) zu einer Gewinnstrategie gelangen.

Die verschiedenen Vorgänge werden in den folgenden Videos (französisch und englisch) von der Scientothèque aus Brüssel nochmals zusammengefasst.

Die ersten 20 Minuten dieses Vortrags der Dozentin Marie Duflot-Kremer erklären das Spiel ausführlicher.

Alternative Variante:

Man kann die Maschine auch beginnen lassen. Sie wird nach einer Zeit feststellen, dass es keine Gewinnstrategie gibt und direkt aufgeben. Der erste Becher (also Becher Nummer 8) wird irgendwann umgedreht sein.

Schwierigere Alternative:

Man kann das Spiel auch mit mehreren Stiften spielen. Solange man ein Vielfaches von 4 nimmt und die Maschine als Zweiten spielen lässt, kommt man zu dem gleichen Resultat. Es dauert nur länger.

Ist die Maschine uns überlegen?

Die SuS werden in neue Gruppen aufgeteilt und sollen sich darüber austauschen, wie die Maschine so schnell eine Gewinnstrategie entwickelt hat. Dabei sollen sie folgende Fragen beantworten:

  • Kennt die Maschine die Spielregeln überhaupt?
  • Wenn genau dieselbe Maschine ein anderes Spiel spielt, gewinnt sie dann auch?
  • Kann genau dieselbe Maschine euren Mathetest von nächster Woche schreiben?

Die Antworten auf diese Fragen und die Begründungen müssen von jeder Gruppe dokumentiert werden.

Im Plenum wird zusammengefasst, dass die Maschine für das Nim-Spiel programmiert wurde und es deshalb gewinnt. Dieselbe Maschine kann dafür aber nicht direkt ein anderes Spiel gewinnen und auch nicht unseren Mathetest schreiben. 

Weiterführendes Material und Workshops

  • Die Brüsseler Scientothèque verfügt über Materialien zu künstlicher Intelligenz – angefangen bei Definitionen, über ihre Geschichte bis hin zu Anwendungen. Das gesamte Material findet man hier.
  • Das Scienteens Lab der Universität Luxemburg bietet zudem Workshops an. Im Workshop „Art et Intelligence Artificielle” wird in einer ersten Phase das Thema künstliche Intelligenz behandelt (unabhängig vom Kunstteil). Dieser Workshop schließt hervorragend an dieses Modul an, und die erste Phase kann mehr und weiter ausgebaut werden, wenn die Schüler*innen dieses Modul schon behandelt haben. 
  • Die Seite I Am A.I. bietet zahlreiche Lernressourcen über das Thema künstliche Intelligenz. Das Projekt I AM A.I. ist eines der zahlreichen Projekte der gemeinnützigen Organisation Imaginary, welche sich der Vermittlung moderner Mathematik widmet. Auf der Seite I AM A.I. findet man eine virtuelle interaktive Führung, mit drei verschiedenen interaktiven Aktivitäten. Zudem hat das Team rund um I AM A.I. eine Wanderausstellung entwickelt. Schauen Sie doch, wann und ob diese Ausstellung in Ihrer Gegend ist, oder nehmen Sie sogar mit I AM A.I. Kontakt auf und lassen Sie Exponate in Ihre Schule kommen. 
06
Differenzierungsmöglichkeiten

Wie oben schon angedeutet, kann man das Nim-Spiel komplexer gestalten, indem man die Zahl der Stifte erhöht. Gruppen mit leistungsstarken Schüler*innen kann man auch anweisen, im Wechsel die Maschine oder die Schüler*innen beginnen zu lassen. Dadurch wird es für die Schüler*innen schwieriger, das Ende vorauszusehen.  

07
Weitere im Rahmen der Unterrichtsreihe zu erfüllende Qualitätskriterien
  • Luxemburgspezifisch: Künstliche Intelligenz und Machine Learning ist ein Thema, das im 21. Jahrhundert nicht im Curriculum fehlen darf (siehe hierzu auch das Update des Medienkompass 2022).  
  • Differenzierung: Verschiedene Varianten des Nim-Spiels sind beschrieben, um es schwieriger und weniger vorhersehbar zu machen. 
  • Medienkompetenzrahmen: Vgl. die angestrebten Lernziele des Medienkompetenzrahmens innerhalb der didaktischen Analyse des vorliegenden Dokuments.
  • 4K-Modell: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität, Kritisches Denken. Dem 4K-Modell wird in mannigfacher Weise durch die unterschiedlichen Sozialformen und Unterrichtsaktivitäten Rechnung getragen.
  • Bezug zur aktuellen Forschung: Der Abschnitt Mehr zum Thema stellt eine Verbindung zur aktuellen Forschung rund um das Thema KI und Machine Learning her.
  • Bezug zur Forschung in Luxemburg: Im Interview erklärt ein Wissenschaftler aus Luxemburg, wie er künstliche Intelligenz und Machine Learning in seiner Forschung einsetzt. 
08
Stundenverlaufsplan

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Referenzen: 

Alexandre, Frédéric, Becker, Jade, Comte, Marie-Hélène, Lagarrigue, Aurélie, Liblau, Romain, Romero, Margarida & Viéville, Thierry. (2021). Why, What and How to help each Citizen to Understand Artificial Intelligence? KI – Künstliche Intelligenz, 2, 1610–1987.
O’Neil, Cathy. (2016). Weapons of Math Destruction: How Big Data Increases Inequality and Threatens Democracy. New York: Crown.
Poussing, Nicolas. (2021). Résultats de la consultation publique relative aux opportunités et aux défis de l’Intelligence Artificielle (IA). LISER. https://gouvernement.lu/dam-assets/documents/actualites/2021/04-avril/28-bettel-cdp/Rapport-IA6-final.pdf
du Sautoy, Marcus. (2019). The Creativity Code: Art and Innovation in the Age of AI. Cambridge: Belknap of Harvard UP.

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