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Climate Killer Internet

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PITT

2.2 Unterrichtsplanung

01
Thema der Einheit im Gesamtgefüge der Achsen

Da die Module nicht aufeinander aufbauen, kann das Modul #Climate Killer Internet eingesetzt werden, ohne dass die anderen Module behandelt wurden.

02
Bedingungsanalyse
  • Lerngruppe: 7e–5e
  • Raum: Präsentationsmöglichkeit in Form eines Beamers, wahlweise steuerbar über einen Klassencomputer oder iPad. 
  • Ausstattung: Jede Schülerin und jeder Schüler sollte ein Smartphone oder Tablet mit Kopfhörern zur Verfügung haben, damit darüber das Informationsvideo im Internet angeschaut werden kann. 
  • Zeit: Zwei Unterrichtsstunden – idealerweise eine Doppelstunde.
03
Sachanalyse

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass der Betrieb des Internets mindestens einen gleich großen oder sogar einen größeren CO2-Abdruck hat als der gesamte Flugverkehr weltweit (Freitag et al., 2021). Die Forscher*innen schätzen den Anteil der globalen Treibhausgasemissionen, die durch Internet und Computer verursacht werden, auf zwischen 2,1 % und 3,9 %. Angaben über den CO2-Anteil des Flugverkehrs variieren je nach Quelle zwischen 2,5 % und 3,01 % an den weltweiten CO2-Emissionen (Statista, 2022, IEA, 2020, Ritchie, 2021). 

Alles im Internet verbraucht Energie, vom Googeln über das Versenden von E-Mails bis hin zum Streamen. Für eine einzige Suchanfrage auf Google verbraucht ein durchschnittlicher Computer genau so viel Strom wie benötigt wird, um ein Zimmer mit einer 40-Watt-Energiesparlampe eine halbe Stunde lang zu beleuchten. Wie viel ein Endgerät tatsächlich verbraucht, hängt allerdings von der Hardware und dem Verhalten der Nutzerin oder des Nutzers ab. 

Auch das Streamen von Videos oder Musik verbraucht Energie. Eine Stunde Streamen oder eine einstündige Videokonferenz verursachen beispielsweise einen CO2-Ausstoß von 3.200 Gramm (Statista, 2022); z. B. durch aufwendige Kühlanlagen, die für die Dateninfrastruktur 24/7 in Betrieb sind. Zum Vergleich: 10 Kilometer Autofahren verursacht 1.500 Gramm CO2-Emission. Daher ist für die Klimaverträglichkeit von Cloud-Diensten wie Video-Streaming entscheidend, mit welchen Stromquellen Netflix und Co ihre Rechenzentren versorgen. YouTube bezieht beispielsweise 56 % „Clean Energy“ (Cook, 2017). Außerdem ist maßgeblich, mit welcher Technik die Daten von dort aus zu den Nutzer*innen übertragen werden. So stellte das Umweltbundesamt Deutschland (2020) fest, dass die Übertragung über Glasfaserkabel am umweltfreundlichsten ist.

Da Digitalisierung und damit die Nutzung des Internets in den Lebenswelten der Schüler*innen selbstverständlich und inzwischen notwendig ist, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, jedoch mit Blick auf die Klimaentwicklung nicht unbedenklich ist, eignet sich dieses Thema in besonderer Weise dazu, dass die SuS ihre eigenen Wertehierarchien und Rechtfertigungsstrategien hinterfragen und Lösungsvorschläge erarbeiten.

04
Didaktische Analyse
a. Angestrebte Lernziele und Kompetenzen

Die SuS können Auswirkungen des Internets auf das Klima erschließen, vertiefen und ein kritisches Bewusstsein darüber erlangen, indem sie ihre eigenen Wertehierarchien und Rechtfertigungsstrategien hinterfragen.

Teilziel: Die SuS können das Konzept der Argumentationswippe verstehen und diese anwenden.

Lernziele aus dem Medienkompass1

  • MK1 – Informationen und Daten: 1.1 Daten, Informationen und digitale Inhalte recherchieren, 1.2 Daten, Informationen und digitale Inhalte analysieren und bewerten
  • MK2 – Kommunikation und Zusammenarbeit: 2.1 Mit anderen zusammenarbeiten; 2.2 Daten, Informationen und digitale Inhalte teilen und publizieren
  • MK5 – Digitale Welt: 5.2 Verantwortungsvoll und kreativ mit digitalen Medien umgehen

1 https://www.edumedia.lu/medienkompass/medienkompass/

b. Didaktische Relevanz und Begründung

Bereits die Sachanalyse zeigt, wie allgegenwärtig die CO2-Emission durch die Nutzung des Internets ist. Das im Rahmen des Faches Digital Sciences anvisierte Ziel des „Bewusstwerdens, was die eigenen Handlungen und Aktivitäten im Netz für die eigene Person und für andere bedeuten“ (De World Wide Web, säi Netzwierk an ech), wird mit diesem Lernarrangement umgesetzt.

c. Didaktische Reduktion

Sach- und Werturteilskompetenz der SuS werden gefördert, indem der Urteilsprozess über die Auswirkungen der Internetnutzung auf das Klima in der symbolischen Darstellung einer Wippe visualisiert wird.

Lernende ebenso wie Wissenschaftler*innen können auf Basis der Analyse und Deutung von Quellen und Darstellungen zu unterschiedlichen Beurteilungen und Bewertungen kommen, indem sie Positionen und besonders Argumenten unterschiedliche Bedeutung beimessen. Mithilfe des Tools www.argumentationswippe.de können Argumente gesammelt, kategorisiert und gewichtet werden. Die Wippe verdeutlicht den SuS, dass es nicht nur auf die Quantität von Argumenten für oder gegen die Nutzung des Internets ankommt, sondern vor allem auf ihre Relevanz. Diese wird durch die Visualisierung auf der Wippe ersichtlich. Die digitale Wippe hilft den SuS über Urteile zu reflektieren, indem sie ihre eigenen sowie andere Positionen evaluieren, Begründungen hinterfragen und revidieren. Dabei nutzen die SuS ihre persönlichen Prioritäten bezüglich ihrer Wertmaßstäbe zur Offenlegung und Gewichtung von Argumenten. Es geht hier nicht um „die Lösung“ in einer Urteilsphase, sondern stets um „begründete Lösungsmöglichkeiten“ (Kayser & Hagemann 2010, S. 38). Daher stehen bei der Sicherung am Ende nicht die Ergebnisse im Vordergrund, sondern vielmehr der individuelle gedankliche Prozess, die Begründung sowie die Gewichtung als argumentative Grundlage.

05
Methodische Analyse

Die Funktionsweise der Argumentationswippe wird von den SuS als Vorbereitung auf die folgende Doppelstunde zu Hause erarbeitet. Durch diesen Flipped-Ansatz bleibt in der Präsenzphase mehr Zeit zur Erarbeitung des Themas „Climate Killer Internet“ und der Anwendung der Wippe. SuS erhalten dazu ein Arbeitsblatt (M1) und probieren das Konzept zu Hause aus.

Als Einstieg in die Präsenzphase projiziert die Lehrkraft die beiden Bilder (M2) als Impuls. Im Plenum brainstormen die SuS über die Bilder (ca. 10–15 Minuten). Ihre Äußerungen werden entweder auf einer digitalen Pinnwand (Miro, Padlet, Taskcards) festgehalten – alternativ können die Äußerungen auf Karteikarten notiert und an ein Board gepinnt werden. In dieser Phase lenkt die Lehrkraft den Unterricht durch Impulse und Leitfragen, sodass die SuS das Konzept des ökologischen Fußabdruckes verstehen; sie können das Konzept des ökologischen Fußabdruckes in eigenen Worten nachvollziehen und erklären; sie definieren „ökologischen Fußabdruck“ in eigenen Worten. Außerdem identifizieren sie eigene Verhaltensweisen, die den individuellen ökologischen Fußabdruck vergrößern und/oder verkleinern.

In einer Überleitungsphase (5 Minuten) greift die Lehrkraft die Erläuterungen und Definitionen der SuS auf und erläutert auf dieser Basis, wie „Lebensstile messbar“ gemacht werden: Jeder Mensch hinterlässt seinen eigenen ökologischen Fußabdruck, der auch CO2-Fußabdruck oder CO2-Bilanz genannt wird. Damit lässt sich der persönliche Lebensstil (so wie wir leben) messbar und vergleichbar machen. Unsere Erde hat nur begrenzte Ressourcen und die Frage ist, wie viele davon von mir verbraucht werden. Für den ökologischen Fußabdruck sind die konsumierten Lebensmittel, Kleidung, Mobilität und Energieverbrauch relevant. Man kann ausrechnen, wie viel CO2 ein Individuum durch bspw. Fleischkonsum oder Reisen erzeugt. Je kleiner der Fußabdruck, desto weniger Schäden werden auf der Erde verursacht. In dieser Phase verorten die SuS ihre eigenen Ideen und Konzeptualisierungen im wissenschaftlichen Diskurs um Nachhaltigkeit.

Die folgenden Arbeitsphasen verlaufen nach dem Think-Pair-Share-Konzept. Der erste Erarbeitungszeitraum (15–20 Minuten) stellt demnach die Think-Phase dar. In ihr erteilt die Lehrkraft den Arbeitsauftrag zur Einzelarbeit. Die SuS schauen sich auf ihren Tablets mit Kopfhörern das Video an (M3). Zudem erhalten die SuS ein Arbeitsblatt (M4) mit Leitfragen zur Videoanalyse. Alternativ steht für leistungsschwächere SuS ein Text in leichter Sprache (M5) sowie ein passendes Arbeitsblatt (M6) zur Verfügung. Damit identifizieren und dokumentieren sie die im Video präsentierten Contra-Argumente. Anhand des Arbeitsblatts entwickeln und dokumentieren die SuS auch selbstständig Pro-Argumente.

In der darauffolgenden Überleitungsphase (10–15 Minuten) kann die Lehrperson im Plenum mögliche Fragen zum Video klären. Danach wird die bereits aus Phase 0 bekannte Argumentationswippe als Tool für den weiteren Verlauf präsentiert sowie die Einteilung in Arbeitsgruppen vorgenommen. Je nach Klassengröße sollten zwei bis vier SuS in einer Gruppe zusammenarbeiten. Damit schließt die erste der beiden Schulstunden.

Die zweite Stunde beginnt mit der Pair-Phase, indem die Lehrkraft den Arbeitsauftrag erteilt: „Nehmt mithilfe der Argumentationswippe begründet Stellung zu dem Vorschlag ‚Das Internet sollte aus Klimagründen abgeschaltet werden‘“. Die SuS präsentieren den Gruppenmitgliedern ihre Pro- und Contra-Argumente, die sie in der Think-Phase auf ihrem Arbeitsblatt notiert haben, und verorten diese Argumente auf der Argumentationswippe. Dabei diskutieren sie ihre individuelle Gewichtung der Argumente mit der Gruppe und passen ihre eigene Einschätzung ggf. im Dialog an. Hier kann die Lehrperson in die einzelnen Gruppen reinschnuppern, falls nötig Impulse geben und die SuS derart anleiten, dass sie über eine möglicherweise reine Faktensammlung auf der Argumentationswippe zu einer echten Argumentesammlung gelangen.

In der anschließenden Share-Phase (15–20 Minuten) teilt jede Gruppe ihre Pro- und Contra-Argumente aus der Pair-Phase mithilfe der Blitzlicht-Methode (pro Gruppe max. 2 Minuten) im Plenum. Dazu wird die jeweilige Argumentationswippe projiziert und die SuS resümieren und begründen ihr Gesamtergebnis.

Zum Abschluss der Stunde (5–10 Minuten) resümiert die Lehrperson die Gruppenergebnisse und stellt eine Rückbindung zum Einstiegsimpuls „ökologischer Fußabdruck“ her. Die SuS reflektieren ihre Einstellungen vor dem Hintergrund des Klassenergebnisses.

06
Differenzierungsmöglichkeiten

Das Informationsvideo kann von den SuS immer wieder unterbrochen oder in Teilen wiederholt angeschaut werden. Für leistungsschwächere Schüler*innen, deren Hörverstehenskompetenz nicht ausreicht, kann alternativ der Text M5 in leichter Sprache als Informationsgrundlage gewählt werden. Passend hierzu kommt das Arbeitsblatt M6 zum Einsatz.

07
Weitere im Rahmen der Unterrichtsreihe zu erfüllende Qualitätskriterien
  • Luxemburgspezifisch: Klimaerwärmung und Umweltschäden sind globale Probleme, die auch luxemburgische Schüler und Schülerinnen betreffen. Insbesondere durch die Einführung des neuen Fachs Digital Sciences sollen den SuS die Auswirkungen der Digitalisierung bewusst gemacht werden.
  • Differenzierend: Als Informationsgrundlage stehen für die jeweiligen Niveaustufen unterschiedliche Medien zur Verfügung, die die unterschiedlichen Leistungsniveaus der SuS sowohl von der Komplexität der Aufgabenstellung her als auch von der geleisteten Hilfestellung berücksichtigen.
  • Medienkompetenzrahmen: Vgl. die angestrebten Lernziele des Medienkompetenzrahmens innerhalb der didaktischen Analyse des vorliegenden Dokuments.
  • 4K-Modell: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität, Kritisches Denken. Dem 4K-Modell wird in mannigfacher Weise durch die unterschiedlichen Sozialformen und Unterrichtsaktivitäten Rechnung getragen.
  • Bezug zur aktuellen Forschung: Klimaerwärmung und Umweltschäden sind ganz wichtige Themen in diversen Forschungsgebieten. Den ökologischen Fußabdruck anhand von neuen innovativen Methoden zu reduzieren, ist eines der Hauptziele von verschiedenen Wissenschaftlern.  
  • Bezug zur Forschung in Luxemburg: Im Interview erklärt Ingenieur Dr. Benoit Mattlet, wie Luxemburg mithilfe seines Stromnetzes versucht, die Energiewende zu fördern und so auch energiesparender zu werden. 
08
Stundenverlaufsplan

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Referenzen:
Cook, Gary. (2017). Clicking Clean: Who is winning the race to build a green internet? Greenpeace Inc. http://www.clickclean.org/downloads/ClickClean2016%20HiRes.pdf
Freitag, Charlotte, Berners-Lee, Mike, Widdicks, Kelly, Knowles, Bran, Blair, Gordon S. & Friday, Adrian. (2021). The real climate and transformative impact of ICT: A critique of estimates, trends, and regulations. Patterns (New York, N.Y.), 2(9), 100340. https://doi.org/10.1016/j.patter.2021.100340
IEA (2021): Aviation, IEA, Paris https://www.iea.org/reports/aviation
Hilgart, Johannes (Hg.). (2017). Standpunkte der Ethik: Lehr- und Arbeitsbuch für die gymnasiale Oberstufe. Paderborn.
Kaiser, Jörg & Hagemann, Ulrich. (2010). Urteilsbildung im Geschicht- und Politikunterricht.
Pfeifer, Volker. (2022). Ethisch argumentieren. Eine Anleitung anhand von aktuellen Fallanalysen. Paderborn.
Ritchie, Hannah. (2021). Climate change and flying: what share of global CO2 emissions come from aviation? Our World in Data. https://ourworldindata.org/co2-emissions-from-aviation
Statista. (2022). So viel Energie verbraucht das Internet. https://de.statista.com/infografik/26873/co2-vergleich-dsl-und-glasfasernetz/
Tumbrink, Jonas. (2018). Argumentationswippe. Reflexion von Wertmaßstäben durch das Gewichten von Argumenten. Praxis Geographie 7/8, 36-39.
Umweltbundesamt. (2020). Video-Streaming: Art der Datenübertragung entscheidend für Klimabilanz. https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/video-streaming-art-der-datenuebertragung 

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